Der „Schwarze Prinz“ – ein etwas anderer Lebendgebärender

Der „Schwarze Prinz“ (wissenschaftlich: Characodon audax) gehört zur Familie der mexikanischen Hochlandkärpflinge (Goodeiden).

Diese Fischfamilie stammt, wie es der Name erahnen lässt, aus dem Hochland Mexikos und umfasst ca. 40 Arten.
Der „Schwarze Prinz“ kommt in der Nähe der Stadt Durango vor und wird deshalb auch manchmal „Durango Hochlandkärpfling“ genannt.
Er zählt zu einem der nördlichsten Vertreter der Goodeiden.

Die lebendgebärenden Hochlandkärpflinge unterscheiden sich in einigen Besonderheiten von der Familie der lebendgebärenden Zahnkarpfen, zu denen die allseits bekannten Guppys, Platys, Schwertträger,Mollys u.a. gehören.
Bei den  lebendgebärenden Zahnkarpfen reifen die Eier zwar im Körper der Weibchen bis zur Geburt heran, werden aber nicht mit Nährstoffen versorgt.

Bei den Goodeiden sind die Embryonen über besondere Nährschnüre, die sog.
Trophotaenien, direkt mit dem Mutterleib verbunden, ähnlich wie eine Nabelschnur bei den Säugetieren. Über diese Trophotaenien findet ein Gas- und Nahrungsaustasuch statt. Nach der Geburt eines jungen Hochlandkärpflings können die Reste der Trophotaenien noch für einige Tage sichtbar sein.
Bei den männlichen lebendgebärenden Zahnkarpfen bildet sich die Afterflosse zum sogenannten Gonopodium um, einem eher spitzen Begattungs“stachel“.

Auch bei den männlichen Goodeiden dient die Afterflosse der Spermienübertragung. Allerdings sind hier die ersten Strahlen der Flosse kürzer und dicker als die hinteren, was der Flosse einen leicht gespaltenen Eindruck verleiht. Im englisch/amerikanischen Sprachraum werden die Goodeiden deshalb aus als „Splitfins“ bezeichnet. Der wissenschaftliche Name der Afterflosse männlicher Goodeiden ist „Andropodium“.
Bei den lebendgebärenden Zahnkarpfen kann eine einzige Befruchtung für mehrere Würfe von Jungfischen ausreichen (sog. Vorratsbefruchtung).

Bei den Hochland-kärpflingen ist nach jedem Wurf eine neue Befruchtung des weiblichen Tieres nötig.
Weibchen lebendgebärender Zahnkarpfen sind bis ins hohe Alter fertil, weibliche Hochlandkärflinge werden in höherem Alter unfruchtbar.
Der „Schwarze Prinz“ gilt (wie viele andere Goodeiden) in seiner Heimat als stark bedroht. Möglicherweise sind einige Vorkommen von Characodon audax bereits erloschen. Grund dafür ist vielfach auch eine zu starke Wasserentnahme aus den Habitaten, was dann letztlich zur Austrocknung der Gewässer führt.
Die männlichen „Schwarzen Prinzen“ werden etwa 5 bis max. 6 cm groß, die Weibchen können 1 cm größer werden. Die männlichen Tiere zeigen tiefschwarze Flossen und bläulich-silberglänzende Flanken. Der Kehlbereich weist oft einen orangefarbenen Schimmer auf.
(Diese Beschreibung bezieht sich auf die von mir gepflegten Tiere, die dem Fundort „El Toboso“ zugeordnet werden. Characodon audax von anderen Fundorten können farblich abweichen und z.B. auch rote Farben zeigen.)

Die Weibchen sind einfarbig olivgrau, mit einigen dunklen Punkten an den Seiten und dunklen Rändern der einpaarigen Flossen. Beide Geschlechter zeigen einen glänzenden metallisch-hellblauen Fleck auf den Kiemendeckeln. Männchen entwickeln im Alter einen hohen Rücken und sehen dadurch etwas bucklig aus. Trächtige Weibchen zeigen sich sehr dickbäuchig.
Die Tiere sind zwar gesellig, aber untereinander auch recht ruppig, insbesondere im männlichen Geschlecht. 
Gegenüber artfremden Fischen verhalten sie sich aber nach meinen Erfahrungen friedlich. Ich hielt sie vorübergehend zusammen mit Papageienplatys (Xiphophorus variatus) und Marmor-Panzerwelsen (Corydoras paleatus), die von den „Schwarzen Prinzen“nicht behelligt wurden.

Da die „Schwarzen Prinzen“ auch ihren eigenen Jungtieren nachstellen, halte ich es jedoch für wahrscheinlich, dass auch der eine oder andere Jung-Platy verspeist wurde.
Auch die Eier der Marmor-Panzerwelse dienten meinen „Schwarzen Prinzen“ als Nahrung. Ich habe einmal beobachten können, wie ein „Schwarzer Prinz“ ein Panzerwels-Weibchen verfolgte, das gerade frisch gelegte Eier in seiner Bauchflossentasche trug. Es gelang dem „Schwarzen Prinzen“, dem Panzerwels-Weibchen die Eier aus der Bauchflossentasche zu entwenden und zu verspeisen.

Die Literatur empfiehlt Arthaltung in Becken ab 80 Litern aufwärts. Ich selbst halte die Prinzen in einem 100-Liter-Aquarium mit reichlicher Bepflanzung und vielen Verstecken, damit sich insbesondere die Männchen aus dem Weg gehen können. Wichtig erscheint mir auch eine Schwimmpflanzendecke (z.B. Hornkraut, Ceratophyllum demersum), damit sich die Jungfische die ersten Stunden und Tage dort verbergen können.
Nach der mir vorliegenden Literatur akzeptieren die Prinzen auch Trockenfutter und benötigen unbedingt Algen und Pflanzennahrung. 
Meine Tiere akzeptieren weder Flockenfutter noch pflanzliche Nahrung! Auch zupfen sie nicht an Algen! Ich füttere sie mit entkapselten Artemiaeiern, sowie Frostfutter (schwarze und rote Mückenlarven sowie Artemia).

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nur wenige Jungfische die ersten Tage überleben, wenn den adulten Tieren nicht gleichzeitig reichlich kräftiges Frost- oder Lebendfutter gereicht wird, bei gleichzeitiger dichter Schwimmpflanzendecke.

Mein Aquarium steht in einem normal temperierten Raum und wird nicht zusätzlich beheizt. Die Temperatur liegt durchschnittlich bei 21 Grad Celsius. Die Prinzen vertragen aber zeitweilig (anders als andere Hochlandkärpflinge) auch höhere Temperaturen bis zu 26 Grad Celsius. Bei diesen hohen Temperaturen sollte aber keine Dauerhaltung stattfinden.
Wichtig ist ein regelmäßiger Wasserwechsel. Ich wechsele wöchentlich die Hälte des Inhaltes gegen frisches Leitungswasser.
Dies hat bei mir einen ph-Wert von 7,5, 
7,5 Grad DH, 6 Grad KH und 1,3 (MMOL/L), ist also recht weich. Die Schwarzen Prinzen vertragen nach Literatur aber auch Wasser mit ph 6 – 8 und dGH 9 – 19.

Zur Fortpflanzung schwimmt das Männchen seitlich neben das Weibchen und flattert mit seinen Flossen. Hält das Weibchen inne, klappt das Männchen das Andropodium (die Analflosse) unter den Gentialbereich des Weibchens und überträgt so sein Sperma.

Die Zahl der Jungfische liegt bei meinen Tieren meist im einstelligen Bereich.
Die Jungen sind ca. 10 mm groß und zeigen bei genauem Hinsehen kurz nach der Geburt noch Ansätze der Trophotaenien.
Alles in allem ist der „Schwarze Prinz“ ein interessanter Fisch, der an Lebengebärenden interessierten Aquarianern nur empfohlen werden kann.Dies insbesondere auch, weil die Tiere in der Natur vom Aussterben bedroht sind und möglicherweise nur in menschlicher Obhut überleben werden.
Übrigens gibt es in Mexiko mehrere Projekte, die sich dem Erhalt und teilweise auch der Wiederansiedlung von Mexikanischen Hochlandkärpflingen widmen.

Euer Jens